Thema Energieeffizienz > Elektrische Antriebe im Vergleich zu Pneumatik bzw. Druckluft.
Der große Irrtum der Käufer von?
Hier ein Fachartikel von einem unabhängigen Autor.
Ein Rechenbeispiel
Elektrische Antriebe sind in vielen Anwendungen Pneumatik Zylindern überlegen. Neben dem besseren Wirkungsgrad bietet der Ersatz pneumatischer Antriebe ein hohes Potenzial zur Kosteneinsparung. Der Gesamtkostenvergleich zeigt, dass die Amortisationszeit elektrischer Antriebe bei den aktuellen Energiepreisen selbst in Punkt-zu-Punkt-Bewegungen nur wenige Monate beträgt.
Pneumatische Antriebe haben ihre Vorzüge: niedrige Anschaffungskosten, Robustheit gegenüber äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen und Staub sowie hohe Überlastfestigkeit. Außerdem sind sie einfach zu handhaben und benötigen bei vertikaler Einbaulage keinen Haltestrom. Druckluft findet zudem in vielen Werkstatt- und Industrieumgebungen für Transport- und Reinigungsaufgaben Verwendung, sodass Kompressor anlagen ohnehin bereitstehen.
Dennoch zählt die Druckluft zu den teuersten Energieträgern, weil Kompressoren die eingesetzte Energie nur zu einem geringen Teil in Nutzleistung umwandeln können der wesentlich größere Teil geht als Verlustwärme verloren. Eine Steigerung des Wirkungsgrads über 30% ist physikalisch kaum möglich. Zu den ohnehin hohen Motor-, Kompressor-, Anlauf- und Nachlaufverlusten sowie denen aus der Druckluftaufbereitung kommen noch Verluste durch Leckagen in den Verteilungsanlagen hinzu. Somit stehen nach weiteren Umwandlungsverlusten im Aktor in der Realität nur rund 5% der eingesetzten Energie als Nutzleistung zur Verfügung. Eine gezielte Auslegung des Rohrleitungssystems und der Aktoren, das konsequente Aufspüren von Leckagen sowie Wärmerückgewinnung steigern die Effizienz. Das Bundesumweltministerium geht von einem Energieeinsparpotenzial von 20 bis 40 % aus, andere Experten beziffern dieses noch höher.
Hoher Anteil der Energie an den Gesamtbetriebskosten
Selbst bei Nutzung all dieser Einsparmöglichkeiten gehen Druckluftanlagen mit einem erreichbaren Gesamtwirkungsgrad von maximal 10% weiterhin ineffizient mit der eingesetzten Energie um. Dies kommt auch in der Gesamtkostenrechnung (TCO, Total Cost of Ownership) eines Kompressors zum Tragen: Während etwa 10% der Gesamtkosten für die Anschaffung und weitere 10% für die Wartung einer Anlage anfallen, schlagen die Energiekosten über die Lebensdauer mit typischerweise 70 bis 80% zu Buche. Es verwundert nicht, dass immer mehr Unternehmen in Zeiten steigender Energiepreise danach streben, die Druckluftnutzung zu reduzieren.
Zu druckluftgetriebenen Antrieben stehen schon immer elektrische Alternativen zur Verfügung.
Kostenvergleich am Praxisbeispiel
Die im Vergleich zu Pneumatik Zylindern höheren Anschaffungskosten machen elektrische Antriebe schnell wett: Eine Analyse der Gesamtkosten über einen Lebenszyklus zeigt, dass die Amortisationszeit für industrielle Motoren selbst in einfachen Punkt-zu-Punkt-Bewegungen mit zwei anzufahrenden Positionen nur wenige Monate beträgt. Wenn die Bewegungen im zyklischen Betrieb erfolgen und die Geschwindigkeits- und Lastverhältnisse eine großzügige Dimensionierung des Pneumatik Zylinders erfordern, beträgt die Amortisationszeit des elektrischen Antriebs nur wenige Wochen.
Anwendungsbeispiel für eine Bewegung mit 30 Takten pro Minute und 15kg Last
Dies zeigt das folgende Beispiel einer horizontalen Punkt-zu-Punkt Bewegung mit 400mm Hub und 15kg bewegter Masse mit 30 Takten pro Minute und 50% Einschaltdauer (eine Zykluszeit von 2000ms). Die geforderte Positionierzeit von 500ms für diese Aufgabe zu erreichen, erfordert eine Beschleunigung von 10m/s² und eine Verfahrgeschwindigkeit von 1m/s. Die Beschleunigungszeit, während der der Linearmotor effektiv Arbeit verrichtet, beträgt dann 100ms. Dies bedeutet, dass die effektive Leistungsaufnahme lediglich während einem Fünftel der Positionierzeit erfolgt. Während des Stillstands nimmt der Motor keine und beim Verfahren mit konstanter Geschwindigkeit nur die zur Kompensation der Reibung erforderliche Leistung auf. Die kinetische Energie, die beim Bremsen anfällt, wandelt er in elektrische Energie um und speichert sie in den Zwischenkreiskondensatoren des Servo-Controllers, um sie für den nächsten Zyklus zu nutzen. Realisieren lässt sich die Anwendung beispielsweise mit einem Motor der Baugröße P01-48x240F in Kombination mit einem Servo Drive vom Typ E1100-XC/B1100-XC bei einer Dauerleistungsaufnahme unter 100W.
Die gemessene Dauerleistungsaufnahme des Motors im Anwendungsbeispiel beträgt 92W
Mit einer angenommenen Jahresbetriebsdauer von 8000h im Dreischichtbetrieb und einem Strompreis von 0,12 €/kWh belaufen sich die jährlichen Energiekosten auf 96€.
Energiekosten bei Lösung mit Pneumatik Zylinder
Soll die gleiche Masse mit der gleichen Geschwindigkeit pneumatisch verfahren werden, erfordert dies laut der entsprechenden Kennlinien einen Pneumatik Zylinder mit 50mm Kolbendurchmesser.
15 kg Last bei 1 m/s Vorschubgeschwindigkeit erfordern einen 50er-Pneumatikzylinder
Im Gegensatz zum Elektromotor benötigt die Pneumatik während der gesamten Bewegung Energiezufuhr in Form der Pressluft. Dämpfer absorbieren die kinetische Energie beim Bremsen, was das Zwischenspeichern verhindert. Der gewählte Zylinder verbraucht nach Datenblatt bei einem Doppelhub pro Millimeter Verfahr strecke 0,02529dm³ Luft mit 6bar. Bei einem Hub von 400mm ergibt sich pro Zyklus ein Verbrauch von 10,37dm³. Bei 30 Takten pro Minute benötigt der Pneumatik Zylinder im Dauerbetrieb (ebenfalls 8000h/Jahr) damit in Summe 150000Nm³ (Normkubikmeter) Pressluft pro Jahr. Unter Berücksichtigung der Druck-, Reduzier- und Leckage Verluste in der Größenordnung von 25% muss der Kompressor insgesamt etwa 190000Nm³ Luft komprimieren und ins Rohrnetz einspeisen. Ein Kompressor mit 750kW Motorleistung und 7500Nm³/h Luftleistung kann einschließlich der Verluste durch Anlauf und Nachlauf sowie Druckluftaufbereitung (zusammen rund 25%) mit 0,130kWh elektrischer Energie 1Nm³ Luft auf 6bar verdichten. An Energiekosten somit pro Jahr rund ca. 3000€ (0,12€/kWh; 0,130kWh/m³; 190000m³) zusammen mehr als 30-fache des elektrischen Pendants. Bei höherer Taktzahl würde sich das Verhältnis sogar noch weiter zu Ungunsten des Pneumatik Zylinders verschieben.
Gesamtkostenrechnung
Vergleich der Gesamtkosten (TCO) basierend auf Investitions- und Energiekosten.
Zu den reinen Energiekosten sind in einer Gesamtkostenrechnung die Investitions- und Wartungskosten hinzuzurechnen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie zusammen etwa 20% der Gesamtbetriebskosten ausmachen im hier untersuchten Beispiel folglich pro Jahr rund 750€. Somit fallen Gesamtbetriebskosten von ca. 3750€ an. Hersteller von Pneumatik Lösungen beziffern die Gesamtkosten mit 0,025€ pro Normkubikmeter Druckluft. Dies ergibt für das Beispiel jährliche Gesamtbetriebskosten von 3750€ für die von einem Zylinder benötigte Druckluftmenge und untermauert das obenstehende Rechenbeispiel.
Ein Elektrischer Antrieb kostet demgegenüber inklusive aller für den Betrieb notwenigen Komponenten zwar nicht mehr als ein Pneumatik antrieb (inklusive Ventile, Schläuche). Die geringeren Energiekosten ermöglichen eine Amortisation des elektrischen Antriebs in weniger als einem halben Jahr, danach kommt es zu spürbaren Entlastungen. So übersteigen die Energiekosten im Anwendungsbeispiel die Investitionskosten für den Pneumatik Zylinder bereits nach zirka drei Wochen.
In der Analyse der Investitions- und Energiekosten ergeben sich beim Einsatz eines industriellen Linearmotors gegenüber dem eines Pneumatik Zylinders Einsparungen von 2300€ bereits nach 12Monaten beziehungsweise 5900€ nach 24Monaten. Auch der CO2-Ausstoß sinkt durch den Wechsel zu einem elektrischen Antrieb. Im Jahr 2019 lag der CO2-Emissionsfaktor für den Strommix in Deutschland bei 559 g/kWh. Die 25000kWh, die der Pneumatik Zylinder in der Beispielrechnung gegenüber dem elektrischen Linearantrieb zusätzlich benötigt, entsprechen also einem jährlichen Mehrausstoß von 13360kg CO2.
Grenzen der Pneumatik
Aufgrund der steigenden Energiepreise und der Forderung nach einer Reduktion des CO2-Ausstoßes laufen bei verschiedenen Anbietern Projekte zur Effizienzsteigerung der Pneumatik. In Anbetracht eines 30-fach höheren Energiebedarfs im Anwendungsbeispiel scheint es jedoch auch für die Zukunft kaum realisierbar, an die Energieeffizienz Direktantriebe heranzukommen. Beim Kompressor sind noch Verbesserungen von rund 10 bis 15% möglich, dann sind die physikalischen Grenzen erreicht. Die Leckage auf unter 10% zu bringen, ist aufwendig. Selbst beim Einsatz eines kleineren 32er-Pneumatikzylinders wären der Energiebedarf und der CO2-Ausstoß immer noch um den Faktor 12,5 beziehungsweise 1,25% höher als mit einem Elektrischen Motor. Im Vergleich mit den 2011 in Kraft getretenen gesetzlichen Vorgaben zur Energieeffizienz bei Asynchronmotoren werden die Unterschiede zwischen Pneumatik und Linearmotor in puncto Energieeffizienz deutlich.
Elektrische Antriebe arbeiten leiser, ermöglichen ruckfreies Anfahren und Anhalten und sind unempfindlich gegenüber Lastschwankungen. Die Auswertung der anfallenden Daten erlaubt zudem die Überwachung diverser Prozessgrößen ohne zusätzliche Sensorik. Nicht zuletzt werden weniger Einzelkomponenten benötigt. Deren Wartung und Austausch gestaltet sich zudem im Vergleich zur Pneumatik einfacher.
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